Los 6328

Greiner, Otto
(1869 Leipzig - 1916 München)Gäa (Vorzeichnung)

Schätzung
30.000€ (US$ 32,258)

Abgabe von Vorgeboten möglich

Los 6328 - Greiner, Otto - Gäa (Vorzeichnung) - 0 - thumbExtragroße Abbildung

Aus dem Katalog
Traumzeit – Max Klinger, Otto Greiner und der deutsche Symbolismus
Auktionsdatum 30.5.2024

Lot 6328, Auction  123, Greiner, Otto, Gäa (Vorzeichnung)

Gäa (Vorzeichnung zur Hauptplatte).
Feder in Schwarz auf Similijapan. 39,4 x 30,7 cm (Darstellung); 46,4 x 37 cm (Blattgröße). 1909. Unter der Einfassungslinie signiert und datiert "O. Greiner, Rom 1909".

Als Otto Greiner 1888 im Alter von 19 Jahren nach München an die Akademie kommt, lernt er die Arbeiten Max Klingers kennen. Diese sollten sein künstlerisches Schaffen nachhaltig prägen. Nach seinem Studium an der Akademie bricht Greiner 1891 für eine Studienreise nach Rom auf und hofft, dort Max Klinger zu treffen, der bereits 1888 nach Rom ging und in der Via Claudia 8 sein Atelier bezog, das sich bald zu einem Treffpunkt deutscher Künstler entwickelte (Pientka S. 80). Greiner und Klinger lernen sich hier kennen, werden nicht nur im künstlerischen Geiste enge Freunde, sondern stehen sich so nahe, dass Klinger später sagt, er "liebte [ihn] als wäre er sein eigener Sohn" (Vogel 1925, S. 56). Als Klinger 1893 nach Leipzig zurückkehrt, übernimmt Greiner dessen Atelier und beschließt in der Ewigen Stadt zu bleiben, lernt dort auch seine Frau Nannina Duranti kennen. Er verlässt Italien erst als das Kriegsgeschehen ihn und Nannina 1915 nach München zurück zwingt.
Greiners künstlerischer Ausdruck manifestiert sich vor allem im Medium der Druckgraphik. Als Lithograph ausgebildet und den drucktechnischen Verfahren zugewandt, fokussierte er sich, wie auch Klinger, auf die Radiertechnik, in der er sowohl technisch als auch artistisch seine Meisterschaft erzielte. 1908 beginnt Greiner mit der Arbeit an der großformatigen Radierung „Gäa“ (Vogel 93, Taf. XXXIII). Vier Jahre arbeitet er an der eindrücklichen Darstellung der Mutter Erde, bis er sein Werk 1912, belegt durch zahlreiche Zeichenstudien und immer wieder überarbeitete Radierplatten, beendet.
Im Zentrum der Darstellung sitzt eine riesenhafte, nackte Frau, niedergesunken, die Augen geschlossen, unter einer Felsscholle als trage sie die Welt auf ihren Schultern. Ihre linke Brust reicht sie ermüdet einem Säugling, der ihr von einem Satyr entgegengestreckt wird. Umgeben wird sie von Kindern verschiedenen Alters. Sie ist die Personifikation der „unerschöpflichen Zeugungskraft und Fruchtbarkeit der Allermutter Erde, versinnbildlicht durch die ewige Verjüngung des Menschengeschlechts, das von Geburt an in bestimmte Bahnen seinen Kreislauf vollendet“ (Vogel 1917, S. 93). Aus ihrem Schoß gebärt sie Kinder, die - in der vorliegenden Zeichnung noch fehlend, aber auf der vollenden Platte zu sehen - von einem weiblichen Genius in Empfang genommen werden, um schließlich auf den steinigen Pfad des Lebens entlassen zu werden. Wie steinig, beschwerlich und gefährlich dieser Lebensweg werden kann, mag die Schlacht der Reiterscharen auf der Oberfläche zu verdeutlichen.
Die Zeichnung, hier noch ohne die Anlage des weiblichen Genius, aber bereits mit den drei Kinder zwischen den Beinen und der Schlacht auf dem Felsen, zeigt im Vergleich zu den Radierplatten einen Zwischenzustand. Denn erst für den XII. Zustand der radierten Platte beschreibt Vogel den weiblichen Genius und die kämpfenden Krieger als neues Detail - die weiteren, abschließenden Änderungen der Platte bis zum finalen Zustand XIX dienen lediglich kleinen Überarbeitungen sowie stärkeren Modellierungen der Figuren. Als minutiös, bis ins Detail ausgeführte und zeichnerisch brillant formulierte Vorlage ist die Zeichnung Zeugnis von Greiners Geistesreichtum und künstlerischer Ideenentwicklung. Erkannt hat diesen Genius auch der große Sammler Heinrich Stinnes, der den damaligen Zeitgenossen des Symbolismus um Max Klinger große Beachtung schenkte. - Die Informationen zur Provenienz Berolzheimer wurden mit dem HCPO, New York, abgeklärt. Wir danken Rebecca Friedman für ihre Unterstützung.

Provenienz: Sammlung Dr. Michael Berolzheimer (um 1917).
Sammlung Dr. Hugo Stinnes, Köln (vor 1932; Lugt 1376a).

Literatur: Julius Vogel: Otto Greiners graphische Arbeiten, Dresden 1917, S. 99, unter Nr. 93.

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.


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